Rassegesundheit

Irgendwie ist es schon komisch, wenn man sich die ‚Seiten‘ der Toller-Züchter so durchsieht und wenig bis gar nichts zu diesem Thema findet.

Warum eigentlich?

Gibt es nichts zu sagen, oder gilt es gar etwas zu verbergen?
Dabei muss ich schon zugeben, dass keine Angaben besser sind als irgendwelche Halbwahrheiten oder gar unvollständige Angaben/Statistiken.

Um es vorweg zu sagen, der Toller ist ein sehr robuster und widerstandsfähiger Hund mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 12 bis 15 Jahren – hin und wieder auch älter.

Die medizinische Forschung entwickelt sich immer schneller und so gibt es inzwischen eine Vielzahl von Gentests und anderen Untersuchungen, über die unsere Zuchthunde prophylaktisch auf das mögliche Vorhandensein von Krankheitsanlagen untersucht werden können.  
Nachfolgend eine Auflistung – wertfrei und ohne spezielle Reihenfolge. 

Hüftgelenksdysplasie (HD):

Unter HD wird eine Fehlbildung des Hüftgelenks verstanden. Die beiden beteiligten Knochen (Becken und Oberschenkel) passen dabei nicht optimal zusammen, oft ist die Gelenkpfanne zu flach ausgebildet. Durch diese Fehlbildung des Gelenks kommt es zu Arthrosen, Schmerzen und Lahmheiten.

Die Entstehung der HD ist nicht abschließend geklärt. Neben der Genetik haben auch Belastung und Ernährung im ersten Lebensjahr leichten Einfluss auf die HD.

Die HD entwickelt sich in den ersten 15 Lebensmonaten eines Hundes. Später verändert sich nur noch der Grad der Arthrosen, die aufgrund der Fehlstellung gebildet werden.

Hier gibt es nichts zu verschweigen – alle Zuchthunde im DRC müssen auf HD untersucht sein und die Ergebnisse sind für alle in Deutschland lebende DRC-Nachzuchthunde öffentlich, lediglich werden nicht alle Ergebnisse der im Ausland befundete Nachzuchthunde zur Veröffentlichung eingereicht.

Aufgrund der Veränderungen auf dem Röntgenbild werden 5 Schweregrade von HD unterschieden:

  • A         HD-frei
  • B         Übergangsform
  • C         leichtgradige HD
  • D         mittelgradige HD
  • E         hochgradige HD

In einigen Ländern – so auch in Deutschland – gibt es noch eine 2-teilige Differenzierung innerhalb der einzelnen Grade, wie z.B. A1 bzw. A2

Ellenbogengelenksdysplasie (ED):

ED ist eine Bezeichnung, die mehrere Veränderungen des Ellenbogens unter einem Oberbegriff zusammenfasst. Zur ED gehören folgende Erkrankungen:

  • Isolierter Processus anconaeus (IPA)
  • Fragmentierter Processus coronoideus medialis (FPC)
  • Osteochondrosis dissecans der inneren Gelenkwalze des Oberarms (OCD)
  • Stufenbildung zwischen Elle und Speiche
  • Fehlbildungen der Gelenkflächen

Durch diese Fehlbildungen des Gelenks kommt es zu Arthrosen, Schmerzen und Lahmheiten.

Die Ursachen für ED sind nicht vollständig geklärt, es scheint eine genetische Ursache zu geben, doch auch Belastung und Ernährung im ersten Lebensjahr können die ED begünstigen.

Auch hier gilt das oben gesagte, alle Zuchttiere im DRC müssen auf ED untersucht sein.

Auch die ED wird über Röntgenaufnahmen befundet, man unterscheidet:

  • 0                      ED-frei
  • Grenzfall        
  • I                      leichte ED (geringe Arthrose)
  • II                     mittlere ED (mittelgradige Arthrose)
  • III                   schwere ED (hochgradige Arthrose)

Die ED-Befundung ‚Grenzfall‘ gibt es nur in sehr wenigen Ländern.

Allgemeines zu den Gelenkerkrankungen:

Es lässt sich allgemein sagen, dass die HD- und ED-Befunde bei den Tollern aus kontrollierter DRC-/VDH-/FCI-Zucht zu keiner nennenswerten Relevanz in der Rasse führt.

Etwas provokant lässt sich sogar sagen, dass die Toller – Gesamtheitlich gesehen – keine, für diese Erkrankungen anfällige Rasse sind.

ED bedeutet für einen Toller im Allgemeinen eine größere Beeinträchtigung als HD, bzw. HD kann über ein entsprechendes Muskeltraining besser kompensiert werden als ED.

Die Auswertequote, der im DRC gezüchteten Toller liegt in beiden Bereichen bei ca. 75%, was eine sehr gute Quote darstellt und das Engagement der DRC-Züchter in punkto Käufernachbetreuung unterstreicht.

Über alle Zuchtjahre 1996-2017 teilen sich die Ergebnisse wie folgt auf:

HD nicht untersucht               24,4%             ED nicht untersucht               25,0%

HD-A                                     46,6%             ED-Frei                                  71,8%

HD-B                                     21,9%             ED-Grenzfall                          01,2%

HD-C                                     05,9%             ED-I                                       01,0%

HD-D                                     00,9%             ED-II                                      00,8%

HD-E                                      00,3%             ED-III                                    00,2%

Augenerkrankungen:

Wie bei allen Hunderassen, und auch Mischlingen, so kann es auch beim Toller zu Augenerkrankungen kommen, die z.T. über Gentests (PRA, CEA) oder auch über eine entsprechende Untersuchung festgestellt werden können.

Für die vor Jahren gefürchtete Erblindung über PRA gibt es mittlerweile einen Gentest und die Zuchtordnung im DRC schreibt diesen für Zuchthunde vor.  
 

prcd-PRA (= Progressive Retinaatrophie):

PRA ist eine Erkrankung des Auges. Sie bezeichnet eine Gruppe von erblich bedingten Netzhauterkrankungen. Bei betroffenen Hunden degeneriert mit zunehmendem Alter die Netzhaut. Der Hund bekommt zunächst Probleme mit dem Sehen in der Dämmerung und Dunkelheit, später kommt es zur vollständigen Erblindung. Meist tritt die Krankheit mit ca. 5 Jahren auf.

Auf Grund der Zuchtordnung im DRC wird diese Augenerkrankung bei der im DRC gezüchteten Nachzucht ausgeschlossen.
 

CEA (= Collie eye anomalie) oder CH (choroidale Hypoplasie)

CEA ist eine Erkrankung des Auges. Dabei kommt es zu Gefäßmissbildungen im Auge und in schweren Fällen auch zu sog. Kolobomen, also Ausbuchtungen der Netzhaut im Bereich des Sehnervkopfes. Die Krankheitsausprägung variiert von klinisch kaum feststellbaren Fällen bis hin zu völliger Erblindung.

Ein für die Krankheit verantwortliches Gen wurde identifiziert, dieses ist jedoch nicht alleiniger Auslöser der CEA.

Die Krankheit tritt überwiegend bei Collie-Rassen auf. Beim Toller wurde das krankmachende Gen festgestellt, klinisch erkrankte Hunde sind jedoch äußerst selten.

Viele Tollerzüchter lassen ihre Zuchthunde hierauf testen.
 

HC (=Hereditärer Katarakt):

HC ist eine Erkrankung des Auges. Dabei kommt es zu Trübungen der Linse, die von kleinen kaum bemerkbaren Punkten bis hin zu einer vollständigen Trübung und damit zur Erblindung des Hundes reichen können.

Der Erbgang ist unbekannt, eine Erblichkeit wird angenommen.

Ein Gentest ist nicht vorhanden - alle Zuchthunde im DRC müssen im Abstand von max. 2 Jahren auf diese Erkrankung untersucht werden

Hunde mit der Form „postpolarer Katarakt“ sind von der Zucht ausgeschlossen.

Hunde mit anderen Kataraktformen dürfen nur mit Hunden verpaart werden, die frei von Katarakt sind.
 

RD (=Retinadystrophie):

RD ist eine Erkrankung des Auges. Dabei kommt es zu einer Fehlentwicklung der Netzhaut. Die Erkrankung kann von einzelnen Falten oder Rosetten bis hin zu Netzhautablösungen variieren.

Der Erbgang ist unbekannt, eine Erblichkeit wird angenommen.

Ein Gentest ist nicht vorhanden - alle Zuchthunde im DRC müssen im Abstand von max. 2 Jahren auf diese Erkrankung untersucht werden

Hunde mit der Form „totale Retinadysplasie“ sind von der Zucht ausgeschlossen.

Hunde mit anderen Retinadysplasieformen dürfen nur mit Hunden verpaart werden, die frei von RD sind.

Zu den vorkommenden Augenerkrankungen gibt es (leider) verhältnismäßig wenig Untersuchungen, meist werden nur Hunde untersucht, mit denen eine Zuchtzulassung angestrebt wird, oder Hunde, die bereits in der Zucht sind.

Über die Zuchtjahre 1996 – 2017 gibt es zur im DRC gezüchteten Nachzucht folgende Zahlen:

  • Nicht untersucht                                            72,5%
  • Untersucht                                                     27,5%
    • Ohne jegliche Befundung                                         65,8%
    • Keine Zuchtrelevante Befundung                             29,8%
    • Mit Zuchtrelevanter Befundung                               04,4%
      • Davon mit Zuchtausschluss                                      5 Hunde

Neben den Augenerkrankungen gibt es eine ganze Reihe an - mehr oder weniger wichtigen –

vorhandenen Gentests.

JADD (juvenile Addison disease)

JADD ist eine Erkrankung der Nebennierenrinde, die zu einem Mangel an verschiedenen Hormonen (Mineralocorticoide und Glukocorticoide)  führt. JADD tritt innerhalb des ersten Lebensjahres auf und ist nicht mit der später auftretenden Erkrankung „Morbus Addison“ zu verwechseln.

JADD führt zu Schwäche, schneller Ermüdbarkeit, Schwindel und niedrigem Blutdruck.

Ein für die Krankheit verantwortliches Gen wurde identifiziert, allerdings spielen neben diesem Gen weitere, nicht bekannte, Faktoren eine Rolle bei der Entwicklung der Krankheit.
 

DE oder DEN (=Degenerative Enzephalopathie)

DE ist eine erst kürzlich beim Toller entdeckte Erkrankung. Betroffene Hunde zeigen im Welpenalter zunächst Unsicherheiten und Konzentrationsschwierigkeiten. Mit zunehmendem Alter kommt es zu Koordinationsproblemen und auffallenden Schwierigkeiten beim Schwimmen. Im Erwachsenenalter zeigen die Hunde Schwierigkeiten beim Springen, einen steifen Gang, exzessive Bewegungen im Schlaf und lassen sich dabei nur schwer wecken und zuletzt kommt es zu schweren Aggressionen.
 

CP1 (= Cleft palate 1)

CP1 ist eine Genmutation, die zum Auftreten von Gaumenspalten führt. Gaumenspalten haben zur Folge, dass der Welpe nicht oder nur schlecht saugen kann. Häufig können die Gaumenspalten chirurgisch geschlossen werden, in schweren Fällen müssen die betroffenen Welpen euthanasiert werden.

Neben CP1 gibt es jedoch zahlreiche andere Faktoren, die zu Gaumenspalten führen können. Der Gentest schließt somit nur CP1 aus, alle anderen Formen der Gaumenspalte kann auch ein frei getesteter Hund haben bzw. vererben!
 

CLPS (= cleft lip/palate and syndactyly) – Synonym CPS:

CLPS ist eine von vielen Ursachen, die zum Auftreten von Gaumenspalten und/oder Lippenspalten führen können. Zusätzlich kann es vorkommen, dass die beiden mittleren Zehen miteinander verbunden sind (Syndaktylie).

Gaumenspalten haben zur Folge, dass der Welpe nicht oder nur schlecht saugen kann. Häufig können die Gaumenspalten chirurgisch geschlossen werden, in schweren Fällen müssen die betroffenen Welpen euthanasiert werden.

Gaumenspalten haben vielfältige Ursachen, eine davon ist die Genmutation CLPS. Der Gentest schließt somit nur CLPS aus, alle anderen Formen der Gaumenspalte kann auch ein frei getesteter Hund haben bzw. vererben!
 

CDDY (= Chondrodystrophie)

Chondrodystrophie führt zu einer Verkürzung der Gliedmaßen und einer Degeneration der Bandscheiben. Aufgrund der Degeneration kommt es zu einem erhöhten Risiko von Bandscheibenvorfällen des Hansen Typ I. Etwa 5% der genetisch betroffenen Hunde erkranken tatsächlich.

Da es sich bei CDDY um einen monogen autosomal dominanten Erbgang handelt und ca. 60% der Population von CDDY genetisch betroffen sind, gilt es bei der Zuchtplanung diesen Test gegenüber allen anderen Aspekten einer ‚gesunden‘ Zucht so sorgfältig wie nötig mit ein zu beziehen.

Von den ca. 60% genetisch betroffenen Hunde erkranken klinisch ca. 5%

Alle oben aufgezeigten Gentests (Ausnahme: prcd-PRA) sind für die Zucht nicht verpflichtend, trotzdem werden sie von vielen verantwortungsvollen Züchtern bei ihrer Zuchtplanung berücksichtigt und auf freiwilliger Basis durchgeführt.

SRMA – steroid responsive meningitis/atheriitis

Eine Krankheit, die bei den Tollern hin und wieder im juvenilen Stadium (<24 Monate) vorkommen kann, ist die SRMA.
Diese Krankheit, die bei vielen Rassehunden vorkommen kann, wird von seriösen und engagierten Züchtern allerdings immer bei der Zuchtplanung mit einbezogen und beläuft sich auf die im DRC gezüchtete Nachzucht bei <5%.
Es handelt sich um eine Entzündung der Hirnhäute und zum Teil der Gelenke, welche mit Kortison behandelt werden muss. Typische Anzeichen sind plötzlich auftretendes, hohes Fieber, starre Kopfhaltung und steifer Gang. Die Hunde lassen sich meist ungern anfassen und sind oft apathisch. Besteht der Verdacht ist unbedingt sofort eine Klinik aufzusuchen, die sich mit solchen Fällen auskennt.
Welche Ursache dieser Krankheit zu Grunde liegt ist noch unklar, allerdings ist eine genetische Disposition denkbar. SRMA führt bei rechtzeitiger Erkennung und richtiger Behandlung nicht zum Tode des Hundes, sondern ist gut therapierbar.
Mit allen zukünftigen ‚Adoptiveltern‘ sprechen wir die Symptomatik im Vorfeld durch und geben die Informationen auch in schriftlicher Form mit.

Allen Bemühungen zum Trotz kann es – selbst bei größter züchterischer Sorgfalt – zu einer solchen Erkrankung kommen, wir selbst hatten bis jetzt (Stand 06.2020) leider in unserer Zucht einen SRMA-Fall.
Es wurde schnell gehandelt und richtig therapiert. Die Hündin ist heute >13 Jahre alt und erfreut sich bester Gesundheit.
Ihre Besitzerin war bereit die ‚Krankheitsgeschichte‘ aufzuschreiben und sie kann hier nachgelesen werden.
Ein großer Vorteil der Tollerzucht im DRC ist die Transparenz der Züchter, wie sie mit solchen Erfahrungen umgehen –
Fragen und ‚bohren‘ Sie bei ihren Besuchen in diese Richtung ruhig nach und werten Sie die Antworten für sich selbst.

Diese Seite wurde mit Unterstützung von Dr.Teresa Schwarzmaier (Mitglied der Zuchtkommission für Nova Scotia Duck Tolling Retriever im DRC e.V. erstellt.